Google hat eine neue soziale Plattform herausgebracht, die Pinterest Konkurrenz machen könnte. Es handelt sich um die App Google Keen, mit der Nutzer alle möglichen Inhalte, auch Bilder und Texte, aus dem Internet sammeln und speichern können.
In der offiziellen Pressemitteilung teilte CJ Adams, Mitbegründer von Keen, folgende Worte: “Keen ist keine Plattform zum endlosen Surfen. Keen ist eher als zu Hause Deiner Interessen gedacht. Ein Ort, an dem Du sie pflegen, teilen und erweitern kannst, um das Leben in vollen Zügen zu genießen.”
Keen setzt auf künstliche Intelligenz und maschinelle Lernprozesse. Du kannst neue Suchbegriffe sowie Inhalte hinzufügen und die Plattform macht dann automatisch neue Vorschläge, die auf Deinen Interessen basieren.
Dies unterschiedet Keen von allen andern sozialen Plattformen, denn die meisten wollen ihre Nutzer möglichst lange halten, damit diese möglichst viele Inhalte konsumieren. Auf Keen kann man sich hingegen auf ein ganz bestimmtes Thema oder Spezialgebiet konzentrieren und die Plattform dann nutzen, um relevante Inhalte zu eben diesem Thema zu finden.
Was ist Google Keen?
Adams sagt, dass ihm die Idee zu Keen während des Surfens in den sozialen Medien kam. Er stellte fest, dass er und seine Frau stundenlang auf sozialen Plattformen verbrachten, ohne produktiv zu sein.
Es war gut offen zu sagen, womit wir gerne mehr Zeit verbringen würden. Wir stellen schnell fest, dass uns das Sammeln von Inhalten und Ideen zu gemeinsamen Interessen näher brachte und wir mehr Zeit miteinander verbrachten, um unsere Leidenschaft miteinander zu teilen.
Um diese neue Erfahrung mit anderen zu teilen, entwickelte ich gemeinsam mit vier Arbeitskollegen in der Area 120, Googles Workshop für experimentelle Projekte, die neue Plattform Keen. Dafür arbeiteten wir sehr eng mit Googles People and AI Research (PAIR) Team zusammen, das sich auf maschinelle Lernprozesse spezialisiert hat.
Auf den ersten Blick erscheint Google Keen wie eine abgespeckte Version von Pinterest, der Unterschied besteht jedoch darin, dass der Nutzer sich nicht im endlosen Scrollen und Pinnen neuer Inhalte verliert, weil er sich mit Keen auf ein Thema festlegen kann, um dieses voll auszunutzen und gezielt Inhalte zu diesem Thema zu kuratieren.
Im Gegensatz zu vielen anderen Plattformen greift Keen nicht auf Deinen Suchverlauf zurück, um neue Inhalte vorzuschlagen, sondern nutzt KI und maschinelle Lernprozesse, um gezielt neue Inhalte zu finden, die auf den Interessen des Nutzers basieren.
Wie funktioniert Google Keen?
Du kannst Dich innerhalb weniger Minuten mit Deinem Google-Konto bei Keen anmelden und die Inhalte der Plattform erkunden. Nach der Anmeldung musst Du Deinen ersten “Keen” (Googles Form der Pinnwand) anlegen und ein Thema festlegen, um anschließend Inhalte zu diesem Thema zu finden und auf Deinem Pinboard zu speichern.
Hier ist ein Beispiel für das Thema “Contentmarketing”:
Du gibst einen Suchbegriff ein und Google Keen macht dann Vorschläge für neue Suchbegriffe, die mit Deinem Thema zusammenhängen und ebenfalls auf dem Keen gespeichert werden können. Auf diese Weise verfeinerst Du Deine Auswahl und findest Inhalte, die noch genauer auf Deine Interessen zugeschnitten sind.
Wenn Du Deine Suchbegriffe (Interessen) festgelegt hast, kannst Du ein Titelbild festlegen und eine Beschreibung zum neuen Keen verfassen. Der fertige Keen sieht dann in etwa so aus:
Der obere Keen wurde von CJ Adams und seinem Kollegen Benjamin Pitt erstellt. Das Symbol, das an einen Diamanten erinnert, stellt die Anzahl der “wertvollen” Inhalte dar, die bereits unter diesem Thema gespeichert wurden. Der Blitz steht für die Anzahl neuer Dinge, die es zu entdecken gibt.
Wenn Du auf den Keen klickst, siehst Du Folgendes:
Im Bereich “Gems” werden bereits gespeicherte Inhalte angezeigt. Der Bereich “Explore” enthält neue Ideen und automatisch erstelle Vorschläge. Unter “Search” kannst Du Deine Suchbegriffe bearbeiten und neue Keywords hinzufügen, um die Vorschläge noch relevanter zu gestalten.
Hier ist mein Keen zum Thema “Contentmarketing”:
Du kannst das Thema anschließend erkunden und Deinem Keen neue Inhalte hinzufügen. Der Google-Algorithmus lernt Deine Vorlieben und macht Dir dann im Laufe der Zeit immer bessere Vorschläge.
Ich habe meine gespeicherten Inhalte anschließend ein bisschen organisiert und noch genauere Vorschläge erhalten, darunter sogar einer meiner eigenen Artikel!
Wenn Du dann auf den Startbildschirm zurückkehrst, findest Du automatisch vorgeschlagene neue Keens (Themen), die Du ebenfalls erkunden kannst. Diese Vorschläge passen sich mit der Zeit auch immer besser Deinen persönlichen Vorlieben an.
Du kannst den vorgeschlagenen Keens folgen, um weitere Inhalte zum Thema zu erkunden und selbst neue Keens anlegen. Diese Keens können privat oder öffentlich sein oder mit anderen Nutzern geteilt werden.
Hast Du bereits erkannt, wie sich Keen von Pinterest unterschiedet?
Google Keen im Vergelich zu Pinterest
Google Keen erinnert doch sehr stark an Pinterest. Du kannst Inhalte enddecken, speichern und Deine Keens personalisieren. Das alles kennen wir bereits von der Plattform Pinterest. Es gibt jedoch ein paar fundamentale Unterschiede und der wohl größte ist die Motivation, die hinter Keen steckt, da die Plattform als Ort für die gezielte Kuration von Inhalten konzipiert wurde.
Speichern im Vergleich zu Kuration
Das Speichern von Inhalten läuft auf Pinterest und Keen gleich ab. Die Funktion ist dieselbe, jedoch werden gespeicherte Inhalte auf Keen als “Gems” bezeichnet.
Mit Pinterest kannst Du Inhalte aus dem Internet auf Boards speichern und bekommst so mit der Zeit immer neue Vorschläge, die Deinen bereits gespeicherten Inhalten entsprechen und diese dann mithilfe von Kategorien besser organisieren und verwalten.
Diese “Pins” stammen von Webseiten aus dem Internet.
Google Keen enthält jedoch nicht nur Inhalte aus anderen Quellen, sondern kann Texte, Bilder und andere Inhalte aus eigenen Quellen wie Evernote oder ähnlichen Programmen enthalten.
Diese Inhalte können dann, ähnlich wie auf Pinterest mithilfe von Kategorien organisiert und gespeichert werden, Du enthältst jedoch nicht automatisch neue Vorschläge, die auf Deinen bereits gespeicherten Inhalten basieren. Der Unterschied besteht darin, dass Du Deine Interessen im Bereich “Explore” selbst festlegen musst.
Die Content-Vorschläge auf Pinterest nehmen scheinbar kein Ende, während man auf Keen gezielt nach neuen Inhalten suchen muss. Das ist aber so gewollt, denn auf diese Weise verbringt man nur Zeit mit Themen, die einen wirklich interessieren, und kann die Plattform zur Steigerung der eigenen Produktivität nutzen.
Der soziale Aspekt von Google Keen
Pinterest und Keen geben dem Nutzer die Möglichkeit, Inhalte aus anderen Quellen zu kuratieren und in Form von Pins oder Keens auf Boards zu speichern und so mit anderen Nutzern zu teilen.
Keen gibt Dir jedoch die Möglichkeit, gezielt andere Nutzer einzuladen, um gemeinsam an einer Idee zu arbeiten. Du könntest zum Beispiel Deine Leidenschaft fürs Gärtnern mit Deinen Freunden teilen und dann gemeinsam Ideen für einen Gemeinschaftsgarten sammeln.
Im Gegensatz zu Pinterest werden neue Inhalte anderer Accounts, denen Du folgst, nicht automatisch dem Feed hinzugefügt. Es gibt keine “Pins des Tages” und auch keine Funktion, um Nachrichten auszutauschen, man muss sich also auf seine eigene Recherche verlassen und kann sich weniger an den Inhalten anderer orientieren.
Du wirst benachrichtigt, wenn Nutzer, denen Du folgst, neue Keens erstellen und Inhalte speichern. Diese Benachrichtigung erscheint unter dem Titelbild des Keens neben dem Blitz.
Influencer
Google Keen ist noch zu neu, um etablierte Influencer zu haben, es gibt jedoch bereits Nutzer, die fleißig Inhalte kuratieren und so zu neuen Influencern werden könnten.
Die bekannte YouTuberin Hermione Chantal hat schon ein paar Keens zum Thema DIY und Inneneinrichtung angelegt, darunter auch ein Bereich, der einzig und allein Haushaltswaren von H&M gewidmet ist. Auf Pinterest wimmelt es im Gegensatz dazu bereits von Influencern.
Nutzer können zu neuen Influencern auf einer neuen Plattform werden und Vermarkter sowie Unternehmen können auf Keen neue Talente und Zielgruppen für ihre Produkte finden.
Das Entdecken neuer Inhalte auf Google Keen
Dies ist der wahrscheinlich größte Unterschied zwischen Pinterest und Keen. Die Vorschläge auf Pinterest basieren auf bereits gespeicherten Inhalten und durchgeführten Suchanfragen, jedoch auch auf automatisch getroffenen Annahmen der Plattform, die wiederum auf Deinem Suchverlauf basieren. Selbst Themen und Inhalte, die nicht gespeichert wurden, können plötzlich im Feed auf Pinterest erscheinen, wenn Du zu diesem Thema eine Suchanfrage auf Google oder Bing durchgeführt hast.
Im Jahr 2019 führte Pinterest zwei neue Verfahren ein, mit denen Du Deinen Feed personalisieren kannst. Das erste Verfahren ist die neue Schaltfläche im Home-Feed, mit dem Themen aktiviert und deaktiviert werden können. Das zweite sind die neuen Steuerelemente auf Pin-Ebene, mit denen Du erkennen kannst, warum ein bestimmter Pin in Deinem Feed angezeigt wird, um diesen dann auszublenden, zu melden oder dem übergeordneten Thema nicht mehr zu folgen.
Google Keen passt Deine Inhalte automatisch und intelligent an. Dafür greift es nur auf Suchbegriffe zurück, die von Dir selbst festgelegt wurden. Keen schlägt dann ergänzende und verwandte Suchbegriffe oder Themen vor, die Du Deinem Konto ebenfalls hinzufügen kannst, wenn sie Dich interessieren.
Je gezielter Deine Suche ist, desto genauer sind auch Deine Inhaltsvorschläge, weil Google Deine Interessen kennenlernt und Dich besser versteht. Die Vorlieben werden also nicht nach der Suche automatisch festgelegt, sondern müssen vorher vom Nutzer eingestellt werden.
Zu Beginn ist der Bereich “Explore” demnach noch sehr leer und langweilig, weil er erst mit Leben gefüllt werden muss. Mein Konto ist auch noch sehr übersichtlich, weil ich meinen Account gerade erst angelegt habe.
Doch wie unterschiedet sich Pinterest aus Sicht eines professionellen Vermarkters von Keen?
Keen im Vergleich zu Pinterest: Aus der Sicht eines professionellen Vermarkters
Aktuell verfügt Pinterest natürlich noch über robustere Werbefunktionen und hat erst im September letzten Jahres die neue Funktion Story Pins herausgebracht, mit denen Nutzer ihrem Pin jetzt Bilder, Videos, Text und Ton hinzufügen können.
Dies gibt Nutzern und Unternehmen die Möglichkeit, einzigartige Inhalte zu erstellen, die nicht nach 24 Stunden wieder verschwinden, sondern auf der Plattform erhalten bleiben.
Pinterest arbeitet laut TechCrunch bereits an neuen Funktionen – Unternehmensprofilen – , mit denen Nutzer mehr über den Creator des Pins erfahren können. Zudem soll die Analysefunktion der Plattform verbessert werden.
Da Keen neu ist, verfügt die Plattform natürlich noch nicht über denselben Funktionsumfang, Inhalte können darum aktuell nur organisch entdeckt und nicht beworben werden.
Das heißt aber nicht, dass später keine neuen Funktionen hinzukommen werden. Zwar wurde Keen mit Fokus auf die gezielte Suche nach Inhalten zu bestimmten Themen entwickelt, ist aber gleichzeitig der Versuch von Google, Pinterest Marktanteil abzugewinnen.
Wie kann man Keen nutzen, um Produkte zu bewerben?
Google Keen für Marketing
Obwohl Keen nicht speziell für Unternehmen entwickelt wurde, kann sie trotzdem für Werbezwecke genutzt werden. Vermarkter können auf zwei Arten von Google Keen profitieren: Indem sie neuen Traffic auf ihre Webseite schicken oder ihre Conversions steigern.
Trafficgewinnung mit Google Keen
Wie John Becker von ContentLab so schön sagt: “Wenn Keen zum Hit wird, kann es mehr Traffic auf Deine Webseite schicken. Wenn Deine Inhalte gefunden und häufig markiert werden, könnte dies zu einem Schneeballeffekt frühen, der Dir neue Besucher beschert.”
Keen kann sich im Hinblick auf mehr Reichweite also durchaus lohnen.
Der Wanderenthusiast und Backpacking-Blogger, Frank van Oostendorp, hat neue Keens angelegt, um Traffic auf seinen Blog Hike for Purpose zu schicken.
Jeder seiner Keens enthält einen eindeutigen Titel, ein aussagekräftiges Bild und eine Beschreibung. Die kuratierten Inhalte führen den Nutzer dann auf seinen Blog, wo er mehr erfahren kann.
Google Keen für E-Commerce
Keen-Nutzer können auf Wunsch Produktseiten speichern, wenn sie ihren Interessen entsprechen. Die Influencerin Chantal speichert Produkte von H&M auf ihrem Keen DIY Outdoor Space Makeovers.
Man könnte Google Keen beispielsweise nutzen, um Affiliate-Links oder Produkte von Partnern zu teilen, an denen man eine Provision gewinnt.
Marken können die neue Plattform nutzen, um die Markenbindung ihrer Fans zu stärken und neue Zielgruppen zu erreichen, die auf Keen nach ihren Produkten suchen.
Fazit
Sollte man sich als Unternehmen bereits Gedanken um Google Keen machen? Der Einfluss dieser neuen Plattform ist jetzt noch nicht abzusehen, da sie aktuell über nur sehr wenige Nutzer verfügt. Dies gibt Dir jedoch die Möglichkeit, Dich frühzeitig als Early Adopter zu etablieren und zu einem Influencer zu werden.
Dank der maschinellen Lernprozesse und kuratierten Inhalte kannst Du ganz gezielte Kundensegmente ansprechen, die Dir auf anderen Plattformen wie Pinterest nicht zur Verfügung stehen.
Google hat die neue Plattform klammheimlich eingeführt und die Entwicklung geht seitdem ein bisschen langsam voran, da Keen als Projekt der Area 120, Googles hauseigener Plattform für experimentelle Projekte, entwickelt wurde. Wenn Du Dich noch an Shoelace oder Rivet erinnerst, weißt Du, dass viele experimentelle Projekte später wieder verschwinden und sich nicht permanent etablieren können. Falls sich Google jedoch dazu entscheidet, die Plattform beizubehalten und weiterzuentwickeln, kannst Du Dir bereits jetzt einen Wettbewerbsvorteil sichern, indem Du mit der Kuration interessanter Inhalte beginnst.
Und selbst wenn die Plattform später wieder abgeschaltet werden sollte, findest Du vielleicht trotzdem interessante neue Inhalte, die Du bereits jetzt mit Deinem Publikum teilen kannst.
Glaubst Du, dass Google Keen eine interessante Bereicherung Deiner Marketingstrategie darstellen könnte?